Bestand I/1


Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin (1938–1945/1952)    DAB I/1–…

Bestandsbildner

Für die vom NS-Regime als Nichtarier verfolgten Katholiken und ihre Angehörigen errichtete der Ber­liner Bischof ➚Konrad Graf von Preysing im August 1938 das Hilfswerk beim Bischöflichen Ordi­nariat Berlin. Das Hilfswerk sollte die Arbeit des seit 1934 bestehenden Caritas-Notwerks unter kirchen­amt­lichem Dach fortsetzen. Es hatte zunächst seinen Sitz im Wohlfahrtshaus (Oranien­burger Straße 13/14) in Ber­lin, seit 1939 in der Schönhauser Allee 182. Nach dem Verbot des St.-Raphaels-Vereins im Juni 1941, das dem allgemeinen Auswanderungsverbot für Juden am 23. Ok­to­ber 1941 vorausging, ver­lagerte das Hilfs­werk seine Tätigkeit von der Auswanderungshilfe auf die pastorale und caritative Be­treuung der Hilfe­suchen­den. Für das Hilfswerk verantwort­lich war im Ber­liner Ordi­nariat Dompropst ➚Bern­hard Lichten­berg. Nach seiner Verhaftung durch die Ge­heime Staats­polizei am 23. Oktober 1941 übernahm Bischof Graf Preysing selbst die Leitung. Ge­schäfts­füh­rer des Hilfs­werks waren Paul Wi­zin­ger (bis April 1939), Viktor Engelhardt (bis September 1941) und ➚Margarete Sommer (bis Mai 1952).

Vgl. u.a.: Berlin Dean Held; Prayed for Jews. Gestapo is Reported to Have Arrested Priest in Charge of Catholic Cathedral [AP], in: New York Times, Nr. 30605, 9. November 1941. – Päpstliche Auszeichnung [für Margarete Sommer], in: Petrusblatt, Nr. 12, 24. März 1946. – Alfons Erb, Bernhard Lichtenberg, Dompropst von St. Hedwig zu Berlin, Berlin 1946. – Opfer des Rassenwahns. Die Kirchen und die nicht­arischen Christen in Berlin, in: Der Abend, Nr. 91, 19. April 1947. – Bruno Blau, Was haben die christlichen Kirchen für die von den Nazis verfolgten Juden getan?, in: Der Freund Israels 75 (1948), H. 1, 9–13. – [Bernhard Schwerdt­feger], Konrad Kardinal von Preysing, Bischof von Berlin. Zur Vollendung seines 70. Lebensjahres. Hrsg. v. Bischöflichen Ordinariat Berlin, Berlin 1950, 102–105. – Ver­dienst­kreuz für Mar­ga­rete Sommer, in: Blick in die Zeit, Nr. 5, 1. Februar 1953. – Siegmund Weltlinger, Hast Du es schon ver­gessen? Erlebnis­bericht aus der Zeit der Verfolgung. Vortrag anläßlich des Tages der national­soziali­stischen Macht­ergreifung (30. Januar 1933) in der Gesellschaft für Christ­lich-Jüdische Zusammen­arbeit am 28.1.1954 im Amerika­haus, Berlin [1954], 19. – [Notiz:] Hilfsstelle für Ver­folgte, in: Petrusblatt, Nr. 18, 1. Mai 1955. – Empörende Verkennung, in: St. Hedwigsblatt, Nr. 3, 18. Januar 1959. – Philip Friedman, Das andere Deutsch­land. Die Kirchen, Berlin 1960, 9 f., 14 f. – Wolf­gang Scheffler, Die national­sozialistische Juden­politik. Unter­lagen für den Unter­richt in Politik und Zeit­geschichte, Berlin 1960, 47. – Abschied [Margarete Sommers] vom Referat Frauen­seelsorge, in: Petrus­blatt, Nr. 14, 3. April 1960. – An­ne­dore Leber / Freya Gräfin von Moltke, Für und wider. Entscheidungen in Deutschland 1918–1945, Ber­lin–Frankfurt/M. 1961, 77 u. 274. – E. Lohe, Hilfe unter Einsatz des Le­bens, in: Petrusblatt, Nr. 6, 5. Februar 1961. – E[rich] K[lause­ner], Die Kirche hat geholfen. Was das Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat für Juden und nichtarische Christen tat, in: ebd., Nr. 24, 11. Juni 1961, 1 f. – E[rnst] E[litz?], Sie halfen jüdischen Mitbürgern, in: ebd., Nr. 5, 3. Februar 1963, 1 f. – Walter Adolph, Ver­fälschte Ge­schich­te. Antwort an Rolf Hochhuth. Mit Dokumenten und authen­tischen Berichten, Berlin 1963. – [Fernsehfilm:] Zwei Tage – von vielen. Ein dra­ma­tisierter Tatsachen­bericht von Paul H. Rameau. Aus der Trilogie: Menschen helfen Menschen (2). Regie: Ralph Lothar. Erst­sen­dung: ZDF, 11. März 1964. – Christliches Zeugnis vor der Gestapo, in: Petrusblatt, Nr. 17, 26. April 1964. – Dr. Mar­garete Sommer †, in: ebd., Nr. 27, 4. Juli 1965. – Dr. Mar­garete Sommer †, in: St. Hedwigsblatt, Nr. 28, 11. Juli 1965. – Licht in der Finsternis, in: Jahrbuch für das Bistum Berlin (Pe­trus­kalender) 1966 [1965], 59–64. – Mar­garete Sommer, in: Ka­tho­lisches Hausbuch [1967]: Vom Nehmen, Geben und Danken, Leipzig [1966], 423–427. – Heinrich Fink (Hrsg.), Stärker als die Angst. Den sechs Millionen, die keinen Retter fanden, Berlin 1968, 45, 154–156. – Lutz-Eugen Reutter, Die Hilfstätigkeit katho­lischer Organi­sationen und kirch­licher Stellen für die im national­soziali­sti­schen Deutsch­land Verfolgten, Hamburg, phil. Diss., ²1969 [masch.]; gekürzte Fassung u.d.T.: Ka­tho­lische Kirche als Flucht­helfer im Dritten Reich. Die Betreuung von Auswan­derern durch den St. Raphaels-Verein, Reckling­hausen–Hamburg 1971. – De­por­tation jüdi­scher Bürger aus Berlin. Ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte noch einmal zum Leben erweckt, in: Pe­trus­blatt, Nr. 20, 17. Mai 1970. – Walter Adolph, Kardi­nal Preysing und zwei Diktaturen. Sein Wider­stand gegen die totalitäre Macht, Berlin 1971, 175–179. – Doku­ment zur Juden­ver­folgung entdeckt. Ein Ber­liner Bericht für den Vatikan aus dem Jahre 1942, in: Petrusblatt, Nr. 5, 4. Februar 1979. – Dokument zur Juden­ver­folgung. Was der Ber­liner Bischof im Sommer 1942 über Ab­wan­derungsorte im Osten wußte, in: ebd., Nr. 6, 9. Februar 1979. – Wo hat die Kirche Juden geholfen? Ein Bericht über die Tätigkeit des Hilfswerks beim Bischöf­lichen Ordinariat Berlin, in: ebd., Nr. 7, 16. Februar 1979. – Erich Klausener, Margarete Sommer (1893–1965), in: Wolfgang Knauft (Hrsg.), Miterbauer des Bistums Ber­lin. 50 Jahre Geschichte in Charakterbildern, Berlin 1979, 153–179; Wieder­ab­druck, in: Erich Klau­se­ner, Frauen in Fesseln. Hoffnung in der Finsternis. Von Mut und Opfer katho­lischer Frauen im Dritten Reich, Berlin 1982, 26–60. – Ludger Born, Die Erz­bischöf­liche Hilfs­stelle für nicht­arische Katholiken in Wien. Hrsg. v. Lothar Groppe, Wien ³1979 [Neuaufl. Bad Schussen­ried 2016]. – Hilfe für Ver­folgte, in: St. Hed­wigs­blatt, Nr. 41, 12. Okto­ber 1980, 324–326. – Wolfgang Knauft, Unter Einsatz des Le­bens. Das Hilfswerk beim Bischöf­lichen Or­di­nariat Berlin für katho­lische Nichtarier 1938–1945, Berlin 1988. – Michael Phayer, Margarete Sommer, Berlin Catholics and Ger­many’s Jews 1939–1945, in: Re­mem­bering for the Future I. Working Papers and Addenda, Oxford 1989, 112–120. – Brigitte Ole­schinski, … daß das Menschen waren, nicht Steine, Hilfsnetze katho­lischer Frauen für ver­folgte Juden im Dritten Reich, in: Zeit­geschichte 17 (1990), 395–416. – Michael Phayer, Protestant and Catholic Women in Nazi Ger­many, De­troit 1990. – Michael Phayer, The Catholic Resi­stance Circle in Berlin and German Catholic Bishops during the Holo­caust, in: Holocaust and Genocide Studies 7 (1993), 216–229.– Früher als andere klagte sie die Nazis an. Am 21. Juli 1993 gedenkt das Bistum Berlin des 100. Ge­burts­tages von Dr. Mar­garete Som­mer, in: Katho­lische Kirchen­zeitung für das Bistum Berlin, Nr. 28, 18. Juli 1993. – Antonia Leugers, Widerstand oder pa­sto­rale Für­sorge katho­lischer Frauen im Dritten Reich? Das Beispiel Dr. Mar­ga­rete Som­mer (1893–1965), in: Irmtraud Götz v. Olen­husen u.a., Frauen unter dem Patriarchat der Kirchen. Katho­likin­nen und Protestan­tinnen im 19. und 20. Jahrhundert, Stutt­gart–Ber­lin–Köln 1995, 161–188. – Eberhard Röhm / Jörg Thier­felder, Juden, Deutsche, Christen 1933–1945, Bd. 3/I, Stuttgart 1995, 146–154; Bd. 4/I, Stuttgart 2004, 264–282. – Michael Phayer / Eva Fleisch­ner, Cries in the Night. Women Who Challen­ged the Holo­caust, Kansas City 1997. – Ursula Pruss, Margarete Sommer (1893–1965), in: Zeit­geschichte in Lebensbildern, Bd. 8: Aus dem deut­schen Katho­li­zismus des 19. und 20. Jahr­hunderts. Hrsg. v. Jürgen Aretz / Rudolf Morsey / Anton Rauscher, Mainz 1997, 95–106 u. 315. – Hans-Josef Wollasch, Be­trifft: Nach­richten­zentrale des Erzbischofs Gröber in Frei­burg. Die Er­mitt­lungs­akten der Geheimen Staats­polizei gegen Gertrud Luckner 1942–1944, Konstanz 1999. – Ursula Pruss, Mar­ga­rete Sommer 1893–1965, in: Ulrich von Hehl / Fried­rich Kro­nen­berg (Hrsg.), Zeitzeichen. 150 Jahre Deut­sche Katholiken­tage 1848–1998, Pader­born u.a. 1999, 165–183. – Heinrich Herz­berg, Dienst am höheren Gesetz. Dr. Margarete Sommer und das Hilfs­werk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin, Berlin 2000. – Ursula Pruss, Das Hilfswerk beim Bi­schöf­lichen Ordi­nariat Berlin, in: Wichmann-Jahrbuch N.F. 6 = 40/41 [2002], 101–110. – Andreas Mix, Hilfe im katho­lischen Milieu. Das Überleben der Kon­vertitin Annie Kraus, in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Überleben im Dritten Reich. Juden im Unter­grund und ihre Helfer, München 2003, S. 131–143. – Jana Leichsen­ring, Art.: Sommer, Margarete, in: Bio­graphisch-Biblio­gra­phi­sches Kirchen­lexikon, Bd. 23, Nordhausen 2004, 1395–1399. – Jana Leich­sen­ring, Katholiken in der Rosen­straße: Das Hilfswerk beim Bi­schöf­lichen Ordinariat Berlin und die Misch­ehen, in: Zeit­schrift für Geschichts­wissen­schaft 52 (2004), 37–49. – Jana Leich­sen­ring, Die katho­li­sche Gemeinde in There­sien­stadt und die Ber­liner Ka­tho­liken, in: The­re­sien­städter Studien und Do­ku­mente [11] 2004, 178–222. – Jana Leichsen­ring, Wurde der Pro­test in der Rosen­straße Ende Fe­bru­ar/Anfang März organisiert?, in: Antonia Leu­gers (Hrsg.), Berlin, Rosen­straße 2–4: Protest in der NS-Diktatur. Neue Forschungen zum Frauen­protest in der Rosen­straße 1943, Ann­weiler 2005, 81–114. – Jana Leichsen­ring, Christ­liche Hilfen für Nicht­arier und Ju­den. Die Kirchen und der Um­gang mit Christen jüdischer Herkunft und Juden 1933–1945, in: Karl-Joseph Hummel / Christoph Kösters (Hrsg.), Kirchen im Krieg. Europa 1939–1945, Pader­born u.a. 2007, 293–315. – Jana Leichsen­ring, Die Katho­lische Kirche und »ihre Juden«. Das Hilfswerk beim Bi­schöf­lichen Ordi­nariat Berlin 1938–1945, Berlin 2007. – Traude Litzka, Kirchliche Hilfe für verfolgte Juden und Jüdinnen im Raum Wien 1939–1945. Mit Schwerpunktsetzung auf die »Erzbischöfliche Hilfsstelle für nichtarische Katholiken«. Wien, Univ., Diss. 2010. – Manfred Her­manns, Welt­weiter Dienst am Menschen unter­wegs. Aus­­wanderer­bera­tung und Aus­wande­rer­fürsorge durch das Raphaels-Werk 1871–2011, Friedberg 2011, 120–148. – Leo Hiemer, Gabi (1937–1943). Geboren im Allgäu. Ermordet in Auschwitz, Berlin 2019. – Francesca di Gio­van­ni / Giuseppina Roselli, L’Archivio della Commissione Soccorsi (1939–1958). Inventario, Bd. 1–3, Città del Vaticano 2019. – Eva Erben, »Den Himmel berühren«. Die Musik­pädagogin Frieda Loeben­stein (1888–1968), Augsburg 2021. – Maximilian Strnad, Privileg Mischehe? Hand­lungs­räume »jüdisch ver­sippter« Familien 1933–1949, Göttingen 2021. – Andreas Hoffmann, Versteckt in Berlin. An geheimen Orten in der Hauptstadt, Berlin 2024, 114–120: Neben dem Luftschutzraum. Erich Wolff und Karl Müller.

Bestandsinformation

Inhalt: Auswanderungsbestimmungen, Kinder­ver­schickung, Passage­bewilligungs­aus­schuß, Fami­lien­schule Oranienburger Straße, Reichs­vereinigung der Juden in Deutschland, Caritas-Reichs­stelle für »nicht­arische Katho­liken«, Tätigkeits­berichte, Personal, Betreuung nach 1945, Christlich-jüdische Zu­sam­men­arbeit nach 1945, v.a. Einzelfall­akten
Umfang: 11,5 lfd. m
Laufzeit: 1938–1952
Erschließungszustand: 4 Karteien sowie Daten­bank von Dr. Jana Leichsenring (mit 2472 Daten­sätzen)
Benutzung: vgl. § 6 Ziff. 3 b) u. § 7 Ziff. 2 BODAB

Bemerkung

➚Archiv des Deutschen Caritasverbandes
➚Archiv des Raphaelswerks
➚Archiv für Christlich-Demokratische Politik
➚Diözesanarchiv Berlin: Rest-Nachlaß Dr. Margarete Sommer (DAB V/20), Teil-Nachlaß Dr. Heinrich Herzberg (DAB V/67)